Welche Katastrophen bei selbst verfassten Katastrophentestamenten passieren können ...

Oberlandesgericht München Urteil vom 30.07.2008 31 Wx 29/08

Die nachfolgende Entscheidung des Oberlandesgerichts München zeigt, welche gerichtlichen Streitigkeiten man mit einem einzigen Satz in einem ohne Einholung rechtlichen Rats selbst geschriebenen Testament auslösen kann. An dem rd 2 Jahren dauernden Gerichtsverfahren waren insgesamt 25 Personen bzw. caritative Organisationen beteiligt.

 

Zur Vorgeschichte: Am 29.12.1970 errichteten Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament . Die letztlich vor Gericht streitige Formulierung lautete:

"Sollte es Gott dem Allmächtigen gefallen, dass wir beide Ehegatten miteinander durch irgendein Ereignis sterben, so soll unser Nachlass in sechs Teile geteilt werden wie folgt: (...)"

Der 20 Jahre ältere Ehemann war damals bereits an Krebs erkrankt. Er verstarb 2,5 Jahre später.  Vor Gericht wurde nach dem Tod der Ehefrau im Jahr 2006 darum gestritten, ob das Testament aus dem Jahr 1970 nur für den Fall des gleichzeitigen und gemeinsamen Versterbens beider Eheleute (z.B. bei einem Unfall oder auf Reisen bei einer Naturkatastrophe gelten sollte und ansonsten nach dem Tod des Längerlebenden die gesetzliche Erbfolge gelten solle. Oder ob die Ehegatten sich in jedem Fall unabhängig von dem Zeitpunkt des Versterbens gegenseitig als Alleinerben einsetzen wollten

Das Landgericht München I argumentierte in der II.Instanz sinngemäß wie folgt:

"Der Wortlaut deute zwar darauf hin, dass der Fall des gleichzeitigen Todes oder des Versterbens in zeitlich kurzem Abstand aufgrund eines bestimmten Ereignisses gemeint sei. Die Formulierung „durch irgendein Ereignis“ zwinge jedoch nicht zu der Annahme, dass es sich um ein und dasselbe Ereignis handeln müsse. „Miteinander“ bedeute nicht notwendig, dass beide gleichzeitig oder in nahem zeitlichen Zusammenhang versterben. Auch die Eingangsformulierung „sollte Gott dem Allmächtigen es gefallen“ müsse nicht als Hinweis auf ein gemeinsames und besonderes Schicksal verstanden werden, sondern könne auch eine allgemeine Bezugnahme auf den Willen Gottes darstellen. Dem stehe nicht entgegen, dass im Einzeltestament des Ehemannes diese Bezugnahme fehle."

Das Oberlandesgericht München erachtete diese Argumentation als rechtlich nicht angreifbar. Das Ehegattentestament sollte also nicht nur den Fall eines gemeinsamen Todes aufgrund eines bestimmten "Ereignisses" regeln, sondern generell die Erbfolge beider Ehegatte, egal wer von beiden länger lebt.

Bei der Gestaltung von Ehegattentestamenten sollte man sich unbedingt überlegen, ob man nicht eine solche (juristisch dann perfekt formulierte) Unfallklausel für den Fall eines gemeinsamen Versterbens aufgrund eines Unglücksfall aufnimmt. Denn anderenfalls können sich bei größeren Vermögen z.B. erhebliche steuerliche Konsequenzen ergeben, wenn z.B. nach einem Unfall ein Ehegatte den anderen auch nur um wenige Minuten oder ogar Sekunden überlebt. Es fällt dann zweimal Erbschaftsteuer an. Einmal nach dem Tod des Erstversterbenenden und einmal nach dem Tod des Längerlebenden. Das kann man anders regeln, wenn man für den Fall eines gemeinsamen Unfalltodes eine Regelung trifft, dass man sich einander beerbt, sondern sofort die gemeinsamen Kinder oder wer auch immer Erbe werden.