Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs zum neuen Unterhaltsrecht vom 16,07.08 liegt nun im Volltext vor

Bundesgerichtshof BGH-Urteil vom 16.07.08 XII ZR 109/05

BGB §§ 1615 l Abs. 2, 1610, 1570

 a) Die für die Höhe des Unterhaltsbedarfs nach § 1615 l Abs. 2, 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB relevante Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten ergibt sich auch dann, wenn er schon vor der Geburt des gemeinsamen Kindes mit dem anderen Elternteil zusammen gelebt hat, aus den Einkünften, die er ohne die Geburt des Kindes hätte. Auch in einem solchen Fall ist nicht ein Quotenunterhalt nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen innerhalb der nichtehelichen Lebensgemeinschaft geschuldet.

 b) Elternbezogene Gründe, die neben kindbezogenen Gründen für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1615 l Abs. 2 BGB sprechen können, kommen insbesondere dann in Betracht, wenn die Eltern mit ihrem gemeinsamen Kind zusammengelebt haben und deswegen ein evtl. Vertrauenstatbestand als Nachwirkung dieser Familie zu berücksichtigen ist.

c) Bei der Bemessung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils ist zu beachten, ob der ihm neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes in Verbindung mit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde.

BGH, Urteil vom 16. Juli 2008 - XII ZR 109/05 - OLG Düsseldorf AG Düsseldorf

  Tatbestand:

 Die Parteien streiten noch um Ansprüche der Klägerin zu 1 (im Folgenden: Klägerin) auf Betreuungsunterhalt für die Zeit ab März 2003.

Die Klägerin und der Beklagte hatten sich 1996 kennen gelernt, als die Klägerin von ihrem früheren Ehemann getrennt lebte und den am 1. März 1995 geborenen ehelichen Sohn K. versorgte. Vor der Geburt dieses Kindes hatte sie als Fernmeldetechnikerin monatlich 1.335 € erzielt. Wegen der Pflege und Erziehung des ehelichen Kindes erhielt sie von ihrem damaligen Ehemann Betreuungsunterhalt, dessen Höhe zwischen den Parteien streitig ist.

 Als die Klägerin mit der gemeinsamen Tochter K. der Parteien schwanger war, zogen diese in eine gemeinsame Wohnung und vereinbarten, dass der inzwischen geschiedene Ehemann der Klägerin keinen Unterhalt mehr zahlen müsse, was ihm auch mitgeteilt wurde. Die Tochter K. wurde am 28. Dezember 1997 geboren. Die Klägerin war bereits wieder stundenweise berufstätig, als sie im Jahre 2000 erneut von dem Beklagten schwanger wurde. Sie trug das Kind trotz eines zunächst beabsichtigten Schwangerschaftsabbruchs aus, weil sie u.a. die psychischen Folgen eines Schwangerschaftsabbruchs fürchtete. Am 12. Januar 2001 wurde der gemeinsame Sohn N. geboren. Im Juni 2002 trennten sich die Parteien innerhalb der gemeinsamen Wohnung. Auf Wunsch der Klägerin wurde die Beziehung im Dezember 2002 vollständig beendet, indem der Beklagte auszog.

 Der Beklagte ist seit August 1997 geschäftsführender Mitgesellschafter einer GmbH und bezieht ein Geschäftsführergehalt, das sich nach den Gesellschafterbeschlüssen für die Zeit bis September 2002 auf monatlich 4.090 € (= jährlich 49.080 €) sowie für die Zeit von Oktober bis Dezember 2002 auf monatlich 3.290 € belief und für die Zeit ab Januar 2003 monatlich 3.300 € beträgt. Zusätzlich steht ihm ein Pkw zur Verfügung, den er jedenfalls bis August 2003 auch privat unentgeltlich nutzen durfte. Aus der Untervermietung einer Mietwohnung erzielt der Beklagte weitere Einnahmen. Seit dem Jahre 2003 betreibt er außerdem eine Internet-Partnerschaftsagentur.

 In der hier relevanten Zeit ab März 2003 zahlte der Beklagte an die Klägerin neben dem Kindesunterhalt zunächst monatlichen Betreuungsunterhalt in Höhe von 200 €. Auf eine einstweilige Anordnung des Amtsgerichts vom 26. August 2003 zahlte der Beklagte für die Zeit von Juni 2003 bis Januar 2004 Betreuungsunterhalt in Höhe von monatlich 638 €. Seitdem zahlt er keinen Unterhalt mehr.Seit Februar 2004 ist die Klägerin mit einem neuen Freund zusammen. Der Beklagte ist seit dem 27. Oktober 2004 verheiratet.

 Die Parteien streiten darüber, ob sich das unterhaltsrelevante Gesamteinkommen des Beklagten seit dem Jahre 2002 verringert hat, ob die Klägerin mit ihrem neuen Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen wohnt und ob und für welche Dauer ihr Betreuungsunterhalt über die Vollendung des dritten Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes hinaus zusteht.

 Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die Zeit von März bis November 2003 einen Unterhaltsrückstand in Höhe von insgesamt 1.314 € und für die Zeit von Dezember 2003 bis Januar 2007 laufenden Unterhalt in Höhe von monatlich 638 € zu zahlen. Die Widerklage des Beklagten auf Rückzahlung eines Teils des auf Grund der einstweiligen Anordnung geleisteten Unterhalts hat es abgewiesen. Auf die Berufungen beider Parteien hat das Oberlandesgericht das Urteil abgeändert und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin einen Unterhaltsrückstand für die Zeit von März bis Juli 2003 in Höhe von insgesamt 2.669 € sowie laufenden Unterhalt für die Zeit ab August 2003 bis einschließlich Januar 2007 in unterschiedlicher Höhe, zuletzt in Höhe von monatlich 216 €, zu zahlen. Auch das Berufungsgericht hat die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin auf die Zeit bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes begrenzt. Gegen diese Entscheidung richten sich die Revision der Klägerin und die unselbständige Anschlussrevision des Beklagten.

 Entscheidungsgründe:

 (...)

a) Das Maß des nach § 1615 l Abs. 2 BGB zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Anspruchsberechtigten. Denn nach § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB sind auf den Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils eines nichtehelich geborenen Kindes die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten und somit auch § 1610 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden. Anders als beim Trennungs- oder dem nachehelichen Unterhalt, bei dem der Bedarf von den ehelichen Lebensverhältnissen (§§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB) bestimmt wird, sind daher die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils für die Bedarfsbemessung grundsätzlich nicht maßgebend. Ausschlaggebend ist vielmehr, wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltsberechtigten Elternteils bis zur Geburt des Kindes entwickelt hatten. Dabei ist danach zu differenzieren, ob er über eigenes Einkommen verfügte, Unterhalt bezogen oder staatliche Hilfen - etwa in Form von Sozialhilfeleistungen - in Anspruch genommen hat.

 aa) War der betreuende Elternteil bis zur Geburt des Kindes erwerbstätig, bemisst sich seine Lebensstellung nach seinem nachhaltig erzielten Einkommen. Der Unterhaltsbedarf ist deshalb an diesem Einkommensniveau auszurichten, soweit dies nicht dazu führt, dass dem Unterhaltsberechtigten aus eigenen Einkünften und Unterhaltszahlungen insgesamt mehr zur Verfügung steht, als dem Unterhaltspflichtigen verbleibt. Ist das der Fall, so ist der Unterhaltsbedarf zusätzlich durch den Grundsatz der Halbteilung beschränkt (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442, 443 f.).

 bb) War der Unterhaltsberechtigte im Zeitpunkt der Geburt des nichtehelichen Kindes verheiratet oder geschieden und stand ihm ein Unterhaltsanspruch gegen den (früheren) Ehegatten zu, ergibt sich der Unterhaltsbedarf aus der Lebensstellung in dieser familiären Situation. Der Unterhaltsanspruch gegen den getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten richtet sich gemäß den §§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB nach den (wandelbaren) ehelichen Lebensverhältnissen der (geschiedenen) Ehe. Dieser Anspruch auf Quotenunterhalt aus der früheren Ehe im Zeitpunkt der Geburt des weiteren Kindes be-stimmt somit auch den Unterhaltsbedarf für den Anspruch aus § 1615 l Abs. 2 BGB (Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - XII ZR 104/03 - FamRZ 2007, 1303, 1305). Allerdings ist der Unterhaltsbedarf der Mutter auch in solchen Fällen durch den Grundsatz der Halbteilung nach den Möglichkeiten des unterhaltspflichtigen Elternteils beschränkt (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442, 443 f.).

 (...)

Die Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten im Sinne der §§ 1615 l Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB richtet sich nicht allein nach den tatsächlichen Umständen, sondern setzt stets eine nachhaltig gesicherte Position voraus. Wenn die Eltern vor der Geburt ihres gemeinsamen Kindes in nicht-ehelicher Gemeinschaft zusammengelebt haben, beruht ein gemeinsamer Lebensstandard regelmäßig noch auf freiwilligen Leistungen des besser verdienenden Lebenspartners (zur Behandlung von freiwilligen Leistungen im Unter-haltsrecht vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1 Rdn. 468 ff.). Denn ein Unterhaltsrechtsverhältnis entsteht nicht schon mit der Aufnahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, sondern gemäß § 1615 l BGB erst aus Anlass der Geburt eines gemeinsamen Kindes. Weil der Lebenspartner seine Leistungen vor Beginn des Mutterschutzes für ein gemeinsames Kind deswegen jederzeit einstellen kann und das deutsche Recht keine Unterhaltsansprüche außerhalb von Verwandtschaft und Ehe vorsieht, ist der in einer nichtehelichen Gemeinschaft erreichte Lebensstandard nicht ausreichend gesichert, um damit eine Lebensstellung im Sinne der §§ 1615 l Abs. 2 und 3, 1610 Abs. 1 BGB begründen zu können.

 Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts gilt auch dann nichts anderes, wenn aus der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mehrere gemeinsame Kinder hervorgegangen sind. Auch dann sind für einen späteren Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB die Verhältnisse bei Geburt des ersten Kindes maßgeblich. Denn diese Verhältnisse bestimmen zu-nächst als Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten die Höhe des Unterhaltsbedarfs während der Erziehung und Betreuung des ersten Kindes. Dieser Unterhaltsbedarf wiederum bestimmt als Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten regelmäßig auch den Unterhaltsbedarf nach der Geburt eines weiteren Kindes. Denn einen Rechtsanspruch nach den gemeinsamen Lebensverhältnissen sieht der Unterhaltstatbestand des § 1615 l Abs. 2 BGB aus gemeinsamer Elternschaft auch für die Zeit des Zusammenlebens nicht vor. Der Betreuungsunterhalt aus Anlass der Betreuung und Erziehung eines weiteren Kindes kann allenfalls dann auf einen höheren Unterhaltsbedarf gerichtet sein, wenn der betreuende Elternteil zwischenzeitlich, z.B. durch ein nachhaltig gesichertes höheres Einkommen, eine höhere Lebensstellung erworben hatte.

dd) Sollte die so ermittelte Lebensstellung der Klägerin im Zeitpunkt der Geburt des Kindes zu einem Unterhaltsbedarf unterhalb des jeweils geltenden Sozialhilfesatzes führen, müsste das Berufungsgericht prüfen, ob von einem Mindestbedarf auszugehen wäre und ob ein solcher ggf. mit dem notwendigen Selbstbehalt eines nicht Erwerbstätigen pauschaliert werden könnte. Das Berufungsgericht hat die Höhe des für die Lebensstellung der Klägerin relevanten nachehelichen Unterhaltsanspruchs gegen ihren geschiedenen Ehemann zwar nicht festgestellt. Allerdings dürfte die Lebensstellung der Klägerin angesichts ihrer Unterhaltsansprüche im Zeitpunkt der Geburt der gemeinsamen Kinder über dem Sozialhilfesatz liegen. Denn die Parteien hatten gegenüber dem Berufungsgericht klargestellt, dass von dem monatlichen Gesamtunterhalt in Höhe von 1.900 DM ein Anteil von 1.433,95 DM (= 733,17 €) auf den nachehelichen Betreuungsunterhalt und der Rest auf den Kindesunterhalt entfallen war. Jedenfalls bei der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes überstieg der Unterhalts-bedarf der Klägerin nach der aus ihrer früheren Ehe abgeleiteten Lebensstellung einen eventuellen Mindestunterhalt. Das wird sich auch in der Folgezeit nicht geändert haben, wenn die von dem nachehelichen Unterhaltsanspruch abgeleitete Lebensstellung sich etwa in der gleichen Weise entwickelt hat wie der am Sozialhilfesatz orientierte notwendige Selbstbehalt eines nicht Erwerbs-tätigen, der derzeit 770 € beträgt (vgl. die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte Beilage zu Heft 17/2008 der NJW jeweils unter Ziff. 21.2).

 (...)

Der Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB soll allerdings eine Betreuung und Erziehung des gemeinsamen Kindes in den ersten Lebensjahren ermöglichen. Dass der betreuende Elternteil daran nicht durch eine Erwerbstätigkeit gehindert sein soll, könnte dafür sprechen, den Unterhaltsbedarf mit einem Betrag zu bemessen, der nicht unter dem Sozialhilfesatz liegt und ihm deswegen nicht zwingend eine Erwerbstätigkeit abverlangt.

 In Fällen, in denen der unterhaltsberechtigte Elternteil vor der Geburt des Kindes Sozialhilfe in Anspruch genommen hat, dürfte dessen Lebensstellung nicht mit Null anzusetzen sein, weil sonst für solche Eltern ein Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB von vornherein ausgeschlossen wäre. Die Lebensstellung könnte sich vielmehr aus der Höhe der gezahlten Sozialhilfe ergeben, weil Einkünfte in dieser Höhe nach den §§ 8 ff. SGB XII gesetzlich garantiert sind, und könnte dann etwa in Höhe des notwendigen Selbstbehalts eines nicht Erwerbstätigen pauschaliert werden. Dann könnte aber auch einiges dafür sprechen, Unterhaltsberechtigten mit geringen Einkünften ebenfalls einen solchen Mindestbedarf in Höhe des Sozialhilfesatzes zuzubilligen, weil ihr Bedarf nicht geringer sein kann als der Bedarf eines Unterhaltsberechtigten ohne eigene Einkünfte. Dies könnte es wiederum folgerichtig erscheinen lassen, diesen Gesichtspunkt auch auf eine aus nachehelichen Unterhaltsleistungen abgeleitete Lebensstellung zu erstrecken, wie es der gegenwärtigen Rechtsprechung des Senats entspricht.

 Auch der Schutz der minderjährigen Kinder dürfte inzwischen nicht mehr gegen einen Mindestbedarf der Eltern sprechen. Denn einerseits steht seit der gesetzlichen Neuregelung durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz auch den minderjährigen Kindern nach § 1612 a BGB ein Mindestunterhalt zu, der jetzt nach § 1609 Nr. 1 BGB gegenüber allen anderen Unterhaltsansprüchen vorrangig ist. Andererseits hatte der Senat schon in seiner Rechtsprechung zum früheren Unterhaltsrecht im Rahmen der für Unterhaltsansprüche bis Ende 2007 gebotenen Mangelfallberechnung einen Einsatzbetrag gewählt, der dem notwendigen Selbstbehalt entspricht (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 365 f.).

 Der Grundsatz der Halbteilung dürfte ebenfalls nicht gegen einen solchen Mindestbedarf sprechen. Denn auch dem Unterhaltspflichtigen bleibt regelmäßig ein Selbstbehalt von seinen eigenen Einkünften, dessen Höhe zwar von der Art seiner Unterhaltspflicht abhängig ist, der den nur geringfügig über dem Sozialhilfesatz pauschalierten Mindestbedarf aber nicht unterschreitet (Senatsurteile vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594, 596 f. und BGHZ 166, 351, 356 = FamRZ 2006, 683, 684).

 Schließlich dürfte das Argument, dass der betreuende Elternteil eines nichtehelich geborenen Kindes nicht besser gestellt werden dürfe als der betreuende Elternteil eines ehelich geborenen Kindes, lediglich gegen eine Ungleichbehandlung, nicht aber gegen einen Mindestbedarf als solchen sprechen. Denn wenn beim Ehegattenunterhalt ein Mindestbedarf in Betracht käme, würde dieses vergleichende Argument auch nicht gegen einen Mindestbedarf der Mutter eines nichtehelichen Kindes sprechen.

 (...)

a) Steht einem geschiedenen Ehegatten wegen der Betreuung eines ehelichen Kindes ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) zu und geht im Anschluss daran aus einer nichtehelichen Beziehung ein weiteres Kind hervor, haftet der andere Elternteil des später nichtehelich geborenen Kindes (§ 1615 l Abs. 2 BGB) nach ständiger Rechtsprechung des Senats anteilig neben dem geschiedenen Ehegatten (Senatsurteile vom 21. Januar 1998 - XII ZR 85/96 - FamRZ 1998, 541, 543 f., vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 26/03 - FamRZ 2005, 357, 358 und vom 17. Januar 2007 - XII ZR 104/03 - FamRZ 2007, 1303, 1305; zum umgekehrten Fall einer späteren Heirat nach Geburt eines nichtehelich geborenen Kindes vgl. Senatsurteil BGHZ 161, 124, 132 f. = FamRZ 2005, 347, 349). Dieser Unterhaltsanspruch vermindert somit die Bedürftigkeit der Klägerin und damit ihren Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB gegen den Beklagten, er schließt den Anspruch aber nicht vollständig aus.

 b) Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass der Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen ihren geschiedenen Ehemann wegen der Lebensgemeinschaft mit dem Beklagten nicht auf Dauer untergegangen war. Zwar war dieser nacheheliche Unterhaltsanspruch wegen der Aufnahme der neuen Lebensgemeinschaft zunächst nach § 1579 Nr. 2 BGB (= § 1579 Nr. 7 BGB a.F.) verwirkt, weil die Klägerin sodann in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebte. Mit Auflösung dieser Lebensgemeinschaft ist der Unterhaltsanspruch wegen Betreuung des ehelich geborenen Kindes aber wieder aufgelebt.

 Nach § 1586a Abs. 1 BGB lebt selbst der infolge einer späteren Heirat erloschene Betreuungsunterhalt wieder auf, wenn die neue Ehe aufgelöst wird und der Unterhaltsberechtigte nach wie vor ein Kind aus der früheren Ehe pflegt oder erzieht. Erst recht muss der ursprüngliche nacheheliche Unterhaltsanspruch auch dann wieder aufleben, wenn er nicht wegen einer Wiederheirat nach § 1586 Abs. 1 BGB erloschen, sondern wegen einer neuen verfestigten Lebensgemeinschaft nach § 1579 Nr. 2 BGB verwirkt war.

 cc) Bei der Bemessung der anteiligen Haftung der verschiedenen Väter in entsprechender Anwendung des § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB führt der Maßstab der jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse in einer Vielzahl der Fälle zu angemessenen Lösungen. Die Anknüpfung an diesen eher schematischen Maßstab ist allerdings nicht in allen Fällen der Betreuung von Kindern aus verschiedenen Verbindungen zwingend. Da § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB nach § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB allerdings nur entsprechend anwendbar ist, lässt dies auch Raum für eine Berücksichtigung anderer Umstände, insbesondere der Anzahl, des Alters, der Entwicklung und der Betreuungsbedürftigkeit der jeweiligen Kinder. So kann - wie hier - im Einzelfall von Bedeutung sein, dass die Mutter durch die vermehrte Betreuungsbedürftigkeit eines jüngeren Kindes von jeglicher Erwerbstätigkeit abgehalten wird, obwohl das fortgeschrittene Alter eines anderen Kindes an sich eine teilweise Erwerbstätigkeit erlauben würde. Eine schematische Aufteilung der Haftungsquote nach den jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des geschiedenen Ehemannes und des Vaters wäre dann unbefriedigend. Der Erzeuger des vermehrt betreuungsbedürftigen Kindes muss dann in entsprechend höherem Umfang, gege-benenfalls auch allein, zum Unterhalt für die Mutter herangezogen werden (Se-natsurteile vom 21. Januar 1998 - XII ZR 85/96 - FamRZ 1998, 541, 544 und vom 17. Januar 2007 - XII ZR 104/03 - FamRZ 2007, 1303, 1305).

Für die Ermittlung der Haftungsquoten sind danach - im Gegensatz zu der vom Oberlandesgericht gewählten abstrakten Methode - zunächst die Ein-kommens- und Vermögensverhältnisse beider anteilig haftenden Väter zu berücksichtigen. Im Anschluss daran kann der Haftungsanteil des Beklagten nach den Umständen des Einzelfalles - hier nach der Anzahl und dem Alter der jeweiligen Kinder - nach oben oder nach unten korrigiert werden (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - XII ZR 104/03 - FamRZ 2007, 1303, 1305).

 (...)

6. Auch die Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin auf die Zeit bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes hält den Angriffen der Revision weder für die bis zum 31. Dezember 2007 fällig gewordenen Unterhaltsansprüche nach dem darauf anwendbaren alten Recht (§ 36 Nr. 7 EGZPO) noch für die danach fällig gewordenen Ansprüche nach neuem Recht stand.

 ) Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB steht der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes über die Dauer des Mutterschutzes hinaus ein Unterhaltsanspruch gegen den Vater zu, wenn von ihr wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB besteht die Unterhaltspflicht für mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1615 l Abs. 2 Satz 4 und 5 BGB in der Fassung des zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes).

 Lediglich für Unterhaltsansprüche, die bereits vor dem 1. Januar 2008 fällig waren, bleibt nach § 36 Nr. 7 EGZPO das frühere Recht, hier also § 1615 l Abs. 2 BGB a.F., anwendbar. Danach verlängert sich die Unterhaltspflicht über die Mindestdauer von drei Jahren hinaus, sofern es insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen. Allerdings schied nach der Rechtsprechung des Senats schon für das frühere Recht von Verfassungs wegen eine restriktive Auslegung der Verlängerungsmöglichkeit aus (Senatsurteil BGHZ 168, 245, 250 ff. = FamRZ 2006, 1362, 1363 ff.).

 b) Bei der Auslegung der in beiden Fassungen des Gesetzes geregelten Möglichkeit zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus Billigkeitsgründen über die Dauer von drei Jahren hinaus sind einerseits die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Regelung zu beachten und andererseits auf eine historische, teleologische und systematische Auslegung abzustellen.

 aa) Mit der gesetzlichen Neuregelung des § 1615 l Abs. 2 BGB sind der Betreuungsunterhalt der nicht verheirateten Mutter und der nacheheliche Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) einander weitgehend angeglichen worden.

 Ursprünglich sah das Gesetz für die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes lediglich einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Entbindung sowie weiterer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachter Kosten sowie einen Unterhaltsanspruch für die Dauer von sechs Wochen nach der Entbindung vor.

 Durch das Nichtehelichengesetz (NEhelG) wurde der Unterhaltsanspruch der Mutter auf die gesamte Zeit des Mutterschutzes erweitert, um ihn mit sonstigen arbeits- und sozialrechtlichen Schutzvorschriften zu harmonisieren. Außerdem wurde ein Betreuungsunterhalt für die Zeit bis zum Ablauf eines Jahres nach der Entbindung eingeführt, der die Betreuung des Kindes durch die Mutter ermöglichen sollte, aber voraussetzte, dass diese keine Möglichkeit für eine Fremdbetreuung des Kindes gefunden hatte.

 Durch das zum 1. Oktober 1995 in Kraft getretene Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz (SFHÄndG) hat der Gesetzgeber den Betreu-ungsunterhalt auf drei Jahre nach der Geburt des Kindes erweitert und die Anspruchsvoraussetzungen deutlich herabgesetzt. Fortan konnte die Mutter frei entscheiden, ob sie in den ersten drei Jahren das Kind selbst erzieht oder eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nimmt. Die Dauer des Betreu-ungsunterhalts orientierte sich an dem durch § 24 SGB VIII geschaffenen gesetzlichen Anspruch auf einen Kindergartenplatz ab Vollendung des dritten Lebensjahres.

 Zum 1. Juli 1998 wurde durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz (KindRG) die starre Befristung des Unterhaltsanspruchs der Mutter eines nicht-ehelich geborenen Kindes aufgegeben und mit § 1615 l Abs. 2 Satz 3 2. Halbs. BGB a.F. eine Billigkeitsregelung eingeführt, die es ermöglichte, der Mutter über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus einen Unterhaltsanspruch zuzusprechen, sofern es "insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen" (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 168, 245, 250 ff. = FamRZ 2006, 1362, 1363 ff.).

 Durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz (UnterhRÄndG) ist mit Wirkung zum 1. Januar 2008 eine weitere Änderung in Kraft getreten, die die Schwelle für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus von einer groben Unbilligkeit auf eine bloße Billigkeitsregelung herabsetzt.

 bb) Bei dem Anspruch auf Betreuungsunterhalt der Mutter eines nicht-ehelich geborenen Kindes nach § 1615 l Abs. 2 BGB handelt es sich sowohl in der bis Ende 2007 anwendbaren Fassung als auch in der ab dem 1. Januar 2008 geltenden Neuregelung um einen Unterhaltsanspruch der Mutter. Darin unterscheidet sich der Anspruch nicht von dem Betreuungsunterhalt nach geschiedener Ehe gemäß § 1570 BGB.

 (1) Beide Unterhaltsansprüche unterschieden sich in der bis Ende 2007 geltenden Fassung allerdings erheblich, weil der Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB a.F. grundsätzlich auf drei Jahre begrenzt war und lediglich bei grober Unbilligkeit verlängert werden konnte, während der Betreuungsunterhalt nach geschiedener Ehe gemäß § 1570 BGB a.F. einen zeitlich unbefristeten Unterhaltsanspruch vorsah. Diesen Unterschied hatte der Senat für das bis Ende 2007 geltende Recht hingenommen, weil die von Verfassungs wegen gebotene Gleichbehandlung der kindbezogenen Gründe durch eine weite Auslegung der Verlängerungsmöglichkeit sichergestellt werden könne und der längere Unterhaltsanspruch aus § 1570 BGB a.F. als Nachwirkung der Ehe durch besondere elternbezogene Gründe gerechtfertigt sei (Senatsurteil BGHZ 168, 245, 250 ff. = FamRZ 2006, 1362, 1363 ff.).

  (2) Diese Auffassung hat das Bundesverfassungsgericht nicht geteilt, sondern entschieden, dass es gegen Art. 6 Abs. 5 GG verstößt, wenn der Gesetzgeber die Dauer eines Unterhaltsanspruchs, den er einem Elternteil wegen der Betreuung seines Kindes gegen den anderen Elternteil einräumt, für eheliche und nichteheliche Kinder unterschiedlich bestimmt. Es hat den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2008 eine dem Art. 6 Abs. 5 GG genügende Neuregelung zu schaffen. Bis zum Inkrafttreten dieser Neuregelung sei der gleichheitswidrige Zustand allerdings hinzunehmen (BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965, 973).

 In der Begründung hat das Bundesverfassungsgericht jedoch ausgeführt, dass die zeitliche Begrenzung des Betreuungsunterhalts auf regelmäßig drei Jahre mit einer Möglichkeit zur Verlängerung im Lichte des Art. 6 Abs. 2 GG nicht zu beanstanden sei. Zum einen liege es in der Einschätzungskompetenz des Gesetzgebers, für wie lange er es aus Kindeswohlgesichtspunkten für erforderlich und dem unterhaltspflichtigen Elternteil zumutbar erachte, die persönliche Betreuung des Kindes durch einen Elternteil mit Hilfe der Einräumung eines Unterhaltsanspruchs an diesen zu ermöglichen. Zum anderen habe er jedem Kind ab dem dritten Lebensjahr einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz eingeräumt. Damit habe er sichergestellt, dass ein Kind ab diesem Alter in der Regel eine außerhäusliche Betreuung erfahren könne, während sein Eltern-teil einer Erwerbstätigkeit nachgehe.

 Zur Beseitigung des (früheren) verfassungswidrigen Zustandes hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten eingeräumt. Er könne eine Gleichbehandlung der Regelungssachverhalte durch eine Änderung des Betreuungsunterhalts der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes nach § 1615 l Abs. 2 BGB, durch eine Änderung des nachehelichen Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB oder auch durch eine Neuregelung beider Unterhaltstatbestände vornehmen. Dabei habe er allerdings in jedem Fall einen gleichen Maßstab hinsichtlich der Dauer des wegen der Kinderbetreuung gewährten Unterhaltsanspruchs bei nichtehelichen und ehelichen Kindern zugrunde zu legen (BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965, 969, 973).

cc) Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts beruht im Wesentlichen darauf, dass Art. 6 Abs. 2 und 5 GG eine gleiche Ausgestaltung des Betreuungsunterhalts bei der Betreuung und Erziehung nichtehelich oder ehelich geborener Kinder verlangt, soweit die Betreuung durch einen Elternteil aus kindbezogenen Gründen erforderlich ist. In diesen Fällen verbietet Art. 6 Abs. 5 GG eine Differenzierung zwischen dem Wohl ehelich oder außerehelich geborener Kinder (vgl. schon Senatsurteil BGHZ 168, 245, 257 f. = FamRZ 2006, 1362, 1366; BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965, 968 f.). Wegen des Schutzzwecks des Betreuungsunterhalts haben diese kindbezogenen Gründe im Rahmen der Billigkeitsabwägung für eine Verlängerung das stärkste Gewicht (vgl. Borth FamRZ 2008, 2, 5 ff.; Meier FamRZ 2008, 101, 102 f.; Wever FamRZ 2008, 553, 555 f.).

 Wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, ist es allerdings aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht ausgeschlossen, die Dauer des Betreuungsunterhalts über den aus kindbezogenen Gründen notwendigen Unterhaltszeitraum hinaus aus elternbezogenen Gründen weiter auszudehnen. Die nach Art. 6 Abs. 5 GG gebotene Schaffung gleicher Lebensbedingungen für ehelich wie nichtehelich geborene Kinder schließt es nicht aus, wegen des Schutzes, den die eheliche Verbindung durch Art. 6 Abs. 1 GG erfährt, einen geschiedenen Elternteil unterhaltsrechtlich besser zu stellen als einen unverheirateten Elternteil, was sich mittelbar auch auf die Lebenssituation der mit diesen Elternteilen zusammenlebenden Kinder auswirken kann (BVerfGE 118, 45 = FamRZ 2007, 965, 970). Allerdings wird durch Art. 6 Abs. 1 GG nicht nur die Ehe, sondern auch die Familie verfassungsrechtlich geschützt. Eine Familie in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn die Eltern nicht miteinander verheiratet sind, aber gemeinsam mit dem Kind zusammenleben. Aus verfassungsrechtlicher Sicht können deswegen auch ein dauerhaftes Zusammenleben der Eltern und die sich daraus ergebenden Nachwirkungen der Familie elternbezogene Umstände begründen, die für eine weitere Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1615 l Abs. 2 BGB sprechen können.

 dd) Infolge dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat der Gesetzgeber den Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes nach § 1615 l Abs. 2 BGB erweitert, den nachehelichen Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB eingeschränkt und damit beide Ansprüche im Wesentlichen gleich ausgestaltet.

  (1) Die Angleichung hat der Gesetzgeber nicht nach Maßgabe des früheren großzügigen Altersphasenmodells beim nachehelichen Betreuungsunterhalt durchgeführt (vgl. Schnitzler FF 2008, 270, 271). Stattdessen hat er - umgekehrt - auch den nachehelichen Betreuungsunterhalt auf einen regelmäßigen Anspruch bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes begrenzt und die Verlängerungsmöglichkeit aus Billigkeitsgründen in beiden Unterhaltstatbeständen annähernd gleich ausgestaltet.

 Damit hat der Gesetzgeber dem unterhaltsberechtigten Elternteil bei beiden Unterhaltstatbeständen die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus auferlegt (vgl. Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familien-richterlichen Praxis 7. Aufl. § 7 Rdn. 22; OLG Celle FamRZ 2008, 997, 998 und OLG Hamm FPR 2008, 311, 314). Für die Dauer der ersten drei Lebensjahre des Kindes bleibt es allerdings dabei, dass der betreuende Elternteil die freie Wahl hat, ob er die Betreuung und Erziehung des Kindes in dieser Zeit selbst vornehmen möchte oder - um eine eigene Erwerbstätigkeit zu ermöglichen - staatliche Hilfen in Anspruch nimmt.

  (2) Bei der weiteren Ausgestaltung des Betreuungsunterhalts durch das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz hat der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Vorgaben beachtet und mit dem Ziel einer deutlichen Verkürzung des vollen nachehelichen Betreuungsunterhalts für den Regelfall umgesetzt.

 Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 4 und 5 BGB verlängert sich der Unterhaltsanspruch der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes, so lange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Eine wortgleiche Regelung enthalten § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB für den Betreuungsunterhalt der Mutter eines ehelich geborenen Kindes (vgl. insoweit Borth FamRZ 2008, 2, 5 ff.). Nach diesen gesetzlichen Vorschriften kommt also eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts vorrangig aus kindbezogenen Gründen in Betracht (BT-Drucks. 16/6980 S. 10). Im Hinblick auf die insoweit wortgleiche Ausgestaltung der Unterhaltstatbestände und die verfassungsrechtliche Grundlage haben die kindbezogenen Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts in beiden Unterhaltstatbeständen das gleiche Gewicht.

 Daneben sieht § 1570 Abs. 2 BGB für die Mutter eines ehelich geborenen Kindes eine weitere Verlängerungsmöglichkeit aus elternbezogenen Gründen vor. Denn danach verlängert sich der nacheheliche Betreuungsunterhalt über die Verlängerung aus kindbezogenen Gründen hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie deren Dauer der Billigkeit entspricht. Insoweit ist also ausdrücklich auch ein Vertrauenstatbestand zu berücksichtigen, der sich aus den Nachwirkungen der Ehe ergeben kann. Im Rahmen des - hier relevanten - Unterhaltsanspruchs der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes ist diese Regelung zwar nicht ausdrücklich übernommen worden. Weil § 1615 l Abs. 2 Satz 5 BGB jedoch eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs "insbesondere" aus kindbezogenen Gründen zulässt, sind auch daneben elternbezogene Umstände für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts nicht ausgeschlossen (vgl. Wever FamRZ 2008, 553, 557 f.). Das gilt insbesondere dann, wenn die Eltern mit ihrem gemeinsamen Kind zusammengelebt haben und deswegen auch ein evtl. Vertrauenstatbestand als Nachwirkung dieser Familie zu berücksichtigen ist (BT-Drucks. 16/6980 S. 10). Dabei ist allerdings stets zu beachten, dass die gesetzliche Regel, wonach der Betreuungsunterhalt grundsätzlich nur für drei Jahre geschuldet ist und eine Verlängerung über diesen Zeitraum hinaus ausdrücklich begründet werden muss, nicht in ihr Gegenteil verkehrt werden darf (zur Verlängerung des Betreuungsunterhalts nach § 1615 l Abs. 2 BGB vgl. auch Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 7 Rdn. 21 ff.; Eschenbruch/Klinkhammer/Wohlgemuth Der Unterhaltsprozess 4. Aufl. Rdn. 4012 ff.; Schnitzler/Wever Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht 2. Aufl. § 10 Rdn. 28 ff.; FA-FamR/Gerhardt 6. Aufl. 6. Kap. Rdn. 209 c; FAKomm-FamR/Schwolow 3. Aufl. § 1615 l Rdn. 22; Borth Unterhaltsrechtsänderungsgesetz Rdn. 358 f.; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 214; Hamm Strategien im Unterhaltsrecht § 4 Rdn. 20 ff.; Viefhues/Mleczko Das neue Unterhaltsrecht 2008 2. Aufl. Rdn. 86 f. und Klein Das neue Unterhaltsrecht 2008 S. 204 ff.).

 (3) Kindbezogene Gründe, die eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts unabhängig davon gebieten, ob das Kind ehelich oder nichtehelich geboren ist, liegen insbesondere dann vor, wenn die notwendige Betreuung des Kindes auch unter Berücksichtigung staatlicher Hilfen nicht gesichert ist und der unterhaltsberechtigte Elternteil deswegen dem Kind wenigstens zeitweise weiterhin zur Verfügung stehen muss. Dieser im Einzelfall zu prüfende Gesichtspunkt dürfte mit der zunehmenden Ausweitung der Vollzeitbetreuung in Kindergärten und Ganztagsschulen allerdings künftig an Bedeutung verlieren (vgl. BT-Drucks. 13/8511 S. 71; vgl. auch Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes Nr. 108/07 in FamRZ 2007, 611 sowie Wendl/Pauling Das Unter-haltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 7 Rdn. 23 f.; Schnitzler/Wever Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht 2. Aufl. § 10 Rdn. 30; FAKomm-FamR/Schwolow 3. Aufl. § 1615 l Rdn. 22; Eschenbruch/Klinkhammer/Wohlgemuth Der Unterhaltsprozess 4. Aufl. Rdn. 4014). Allerdings können auch individuelle Umstände auf Seiten des Kindes, z.B. eine Behinderung oder schwere Erkrankung, eine Fortdauer des Betreuungsbedarfs begründen.

 Die regelmäßig mit geringerem Gewicht zu wertenden elternbezogenen Gründe können für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sprechen, wenn die geschiedene Ehe oder die gelebte Familie einen besonderen Vertrauenstatbestand für den Unterhaltsberechtigten geschaffen hat. Solches kann insbesondere dann vorliegen, wenn ein oder mehrere gemeinsame Kinder im Hinblick auf eine gemeinsame Verantwortung beider Eltern gezeugt wurden, was auch nach Auflösung der Ehe oder der Familie für eine Fortdauer der Verantwortung des nicht betreuenden Elternteils sprechen kann (BT-Drucks. 16/6980 S. 10). Insoweit ist also regelmäßig auf die individuellen Umstände der Eltern und das Maß ihrer Bindung abzustellen (vgl. Wendl/Pauling Das Unter-haltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 7 Rdn. 25; Schnitzler/Wever Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht 2. Aufl. § 10 Rdn. 30 a ff.; FAKomm-FamR/Schwolow 3. Aufl. § 1615 l Rdn. 22; Eschenbruch/Klink-hammer/Wohlgemuth Der Unterhaltsprozess 4. Aufl. Rdn. 4014).

 Im Rahmen der elternbezogenen Gründe kommt allerdings ein weiterer Gesichtspunkt in Betracht, der sich für eine pauschalierende Beurteilung in der Praxis, etwa anhand des Alters des Kindes, anbieten dürfte. Bei der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils ist nämlich stets zu beachten, ob der ihm neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes in Verbindung mit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde (vgl. insoweit Senatsurteil vom 1. März 2006 - XII ZR 157/03 - FamRZ 2006, 846, 847 f. für den Trennungsunterhalt nach früherem Recht). Denn selbst wenn ein Kind ganztags in einer öffentlichen Einrichtung betreut und erzogen wird, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein, vor allem aber vom Alter des Kindes abhängen kann. Gerade kleinere Kinder benötigen nach einer Ganztagsbetreuung noch in stärkerem Umfang den persönlichen Zuspruch der Eltern, was einen nicht unerheblichen zusätzlichen Betreuungsaufwand erfordern kann (vgl. insoweit Meier FamRZ 2008, 101, 103), der entsprechend der gesetzlichen Wertung für den Kindesunterhalt in § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht unberücksichtigt bleiben kann. In solchen Fällen ist eine Prüfung geboten, ob, in welchem Umfang und bis zu welchem Zeitpunkt die Erwerbspflicht des unterhaltsberechtigten Elternteils noch eingeschränkt ist. In welchem Umfang die verbleibende Kinderbetreuung neben einer Erwerbstätigkeit im Verhältnis des Unterhaltsberechtigten zum Unterhaltspflichtigen überobligationsmäßig ist, hängt allerdings auch von ihrer früheren Lebensplanung und -gestaltung ab nämlich davon, ob der Unterhaltsberechtigte auch weiterhin auf eine derartige Aufgabenverteilung vertrauen durfte.

 Ob sich aus dem Gesichtspunkt einer überobligationsmäßigen Doppelbelastung ungeachtet des gesetzlichen Regelfalles eines dreijährigen Betreuungsunterhalts Fallgruppen bilden lassen, die auf Erfahrungswerten beruhenund - z.B. nach dem Alter des Kindes - einer gewissen Pauschalierung zugänglich sind, wird das Berufungsgericht prüfen müssen. Angesichts einer zumindest eingeschränkten Erwerbsobliegenheit wird dieser Gesichtspunkt allerdings regelmäßig nicht zu einem vollen Unterhaltsanspruch führen.