Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs zum Recht der Pflichtteilsergänzung

Bundesgerichtshof Urteil vom 3. Dezember 2008 - IV ZR 58/07 - Vorinstanzen OLG München LG München

Der für das Erbrecht zuständige 4. Senat des Bundesgerichtshofs hat in einem heute veröffentlichtem Urteil zum Teil seine frühere Rechtsprechung geändert. Allgemein verständliche Erläuterungen zu den juristischen Auswirkungen dieses Urteils finden Sie auf dieser Website in den nächsten Tagen.

Die amtlichen juristischen Leitsätzen des Bundesgerichtshofs "drucken" bereits jetzt ab:

BGB §§ 2325 Abs. 1, 2310 Satz 2

1. Wegen der Abfindung, die der Erblasser für den Verzicht eines Abkömm-lings auf das gesetzliche Erbrecht leistet, steht einem weiteren Abkömmling ein Pflichtteilsergänzungsanspruch im Hinblick auf die Erhöhung seiner Pflichtteilsquote nach § 2310 Satz 2 BGB grundsätzlich nicht zu.

2. Das setzt voraus, dass sich die Abfindung in dem Zeitpunkt, in dem sie er-bracht wird, der Höhe nach im Rahmen der Erberwartung des Verzichten-den hält. Auf den Wert eines vom Verzichtenden zu beanspruchenden Pflichtteils kommt es insoweit nicht an; (der abweichende Standpunkt im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Juli 1985 - II ZR 150/84 - NJW 1986, 127 unter II 2 wird aufgegeben).

3. Für die Frage, ob die vom Erblasser gewährte Leistung über ein Entgelt oder eine angemessene Abfindung für den Erbverzicht hinausgeht, kann sich der Pflichtteilsberechtigte auf die in der Rechtsprechung bei gemischten Schenkungen anerkannte Beweiserleichterung berufen. Danach ist eine Schenkung zu vermuten, soweit zwischen Leistung und Gegenleistung ein objektives, über ein geringes Maß deutlich hinausgehendes Missverhältnis besteht.