Bei einer Vorsorgevollmacht darf im Regelfall kein gerichtlicher Betreuer bestellt werden

Bundesgerichtshof Beschluss vom 21. November 2013 - XII ZB 481/12

BGB § 1896 Abs. 2

Eine Betreuung ist regelmäßig nicht erforderlich, wenn der Betroffene noch in der Lage ist, jemanden mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten zu beauftragen.

(Gerichtlicher Leitsatz)

 

Gekürzter Sachverhalt:

Eine in Berlin lebende Frau leidet an einer amyotrophen Lateralsklerose, einer stetig fortschreitenden neurologischen Erkrankung, die beginnend mit einer Muskelschwäche in drei 5 Jahren zum Tod führt. Der Ehemann wurde gerichtlich zum Betreuer bestellt. Seine zugewiesenen Aufgabenkreisen waren Aufenthaltsbestimmung, Wahrnehmung der Rechte bei einer Heilbehandlung, Wahrnehmung der Vermögens- und Wohnungsangelegenheiten sowie Vertretung gegenüber Behörden, Post und Gerichten. Im Jahr 2009 hielt das Amtsgericht den zuletzt genannten Pflichtenkreis nicht mehr für erforderlich. Die durch das Landgericht Berlin als Beschwerdegericht als zutreffend erachtete Argumentation war Folgende: "Ein Betreuer dürfe gemäß § 1896 Abs. 2 BGB nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich sei. Sie sei dann nicht erforderlich, wenn die Angelegenheiten des Volljährigen von diesem selbst, gegebenenfalls mit anderen Hilfen, oder durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden könnten." Mit anderen Worten. Mit Hilfe einer Vorsorge- bzw. Generalvollmacht könne der Ehemann auch ohne insoweit Betreuer zu sein tätig werden. Wichtig ist, dass diese Argumentation nicht auf Eheleute oder Kinder beschränkt ist. Es kommt also nicht darauf an, ob in finanziellen Angelegenheiten innerhalb der Familie ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht.

 

Das Landgericht führte weiter aus: "Die in den Akten befindlichen Schreiben der Betroffenen belegten eindrucksvoll, dass sie hierzu trotz ihrer schweren Erkrankung imstande sei (...)"

 

Der Bundesgerichtshof sah dies genauso und begründete dies folgendermaßen: "Gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB ist die Betreuung nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten, der wie hier nicht zu dem Personenkreis des § 1897 Abs. 3 BGB zählt, oder durch andere Hilfen ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können. Eine Betreuungsanordnung erübrigt sich deshalb jedenfalls dann, wenn der Betroffene wie hier noch in der Lage ist, eine Person seines Vertrauens mit der Wahrnehmung der Angelegenheiten zu beauftragen (vgl. Palandt/Götz BGB 72. Aufl. § 1896 Rn. 12) und ein besonderes Bedürfnis für die mit der Be-treuung verbundene gerichtliche Kontrolle (vgl. MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1896 Rn. 63) nicht ersichtlich ist."